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Nevermore/Die Akte Edgar Allan Poe – Stück von Christoph Maasch, 2009 (Auszug)


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Stücke am 17.Februar 2009

Erstes Bild – Ein Traum im Traume / Die Ärzte

Chor

Wo die Welle, weiß von Gischt

Um den Brandungsfelsen zischt,

Steh ich, und vom goldnen Sand

Halt ich Körner in der Hand.

Wenige! Doch selbst diese, ach!

Gleiten in die Flut gemach,

und ich weine Ihnen nach.

Oh Gott! wie halt ich Sie in Haft,

Daß nicht alle mir entrafft!

Oh Gott! Kann ich nicht eins der Flut

Entziehn in meine sich’re Hut

Ist alles, was wir kaum

Zu eigen nannten, Traum im Traum?

Chor: Poe! Poe! Poe!

Poe: Wer …?

Chor: Edgar! Allan! Poe!

Poe: Wo bin ich?

Stimme 2: In Sicherheit!

Mann 1: Sind das seine Sachen?

Mann 2: Nein, jemand muß seine gestohlen und ihm die Lumpen übergeworfen haben.

Frau 1: Und das ist wirklich Edgar Poe?

Mann 1: Der Barkeeper vom „Cooth and Seargent” hat mich durch einen Boten rufen lassen. Edgar Poe sei bei ihm und hätte sich nicht mehr unter Kontrolle.

Poe: Wer …?

Stimme 2: Ja?

Stimme 3: Bitte!

Stimme 1: Fragen Sie, Sir!

Poe: Wer sind Sie? Wo bin ich hier?

Mann 2: Ist das schon öfter passiert?

Mann 1: Pro Quartal mindestens zweimal. Er trinkt. Nicht immer, aber wenn, dann mit der gleichen Besessenheit mit der er schreibt. Heute allerdings war er wohl in Hochform. Er hat vor den Huren und Dockarbeitern „Die Glocken” vorgetragen.

Frau 1: Die Glocken?

Mann 1: Ein Gedicht von Master Poe. „Und schreien und schreien und schreien

Einen gellenden Chor, Der Nacht ins Ohr, Ohne Takt.”

Poe schreit

Mann 1: Sehr schön. Eines seiner besseren aber kein Vergleich zu seiner Prosa. Das Publikum machte Gesichter, als würden Sie einem Vortrag in Griechisch lauschen. Trotzdem, sie mögen ihn. Es ist wohl die Art seines Vortrags. Der Barkeeper sagte, es war ein wenig wie die Krönung des Quasimodo.

Stimme 3: Können Sie mich verstehen?

Stimme 2: Edgar, was ist passiert? Erinnern Sie sich?

Poe: Ich weiß nicht. Sind sie weg?

___________________________________________________________________

Stimme 1: Wer?

Stimme 2: Wer?

Stimme 3: Wer?

________________________________________________________________

Poe: Mir ist kalt…

Mann 2: Wie absonderlich!

Mann 1: Das können Sie annehmen. Ich wollte ihn zum Redakteur meiner Zeitschrift machen, aber ich kann niemandem Vertrauen schenken, der schon vor dem Frühstück Alkohol trinkt.

Stimme 3: Edgar, bleiben Sie wach. Schlafen Sie nicht.

Stimme 2: Sie träumen sonst.

Poe: Träumen…?

Frau 1: Großer Gott? Sehen Sie, er will etwas sagen.

Poe: Reynolds!

Frau: Reynolds?

Mann 1: Ja, er hat Reynolds gesagt!

Mann 2: Was mag das bedeuten?

Mann 1: Keine Ahnung. Er phantasiert!

Frau 1: Der arme Mann.

Mann 2: Lassen wir ihn schlafen. Die Schwester kommt gleich. Was ist mit Ihnen?

Mann 1: Ich brauch jetzt erstmal nen Schnaps.

Frau 1: Haben Sie Brandy?

Mann 2: Gewiss, Madam, was Sie wollen.

Frau 1: Tragen Sie mir das Gedicht vor?

Mann 1: Gern, wenn ich es finde.

Mann 2: Wer ist eigentlich Quasimodo?

Mann 1: Es handelt bei Quasimodo um eine Romanfigur, die … Wissen Sie, er ist Franzose, das soll genügen.

Frau 1: Was sind Sie doch so gebildet.

Zweites Bild – Der Zug

Ende September / Anfang Oktober 1849. Das Zugabteil eines Zuges vom Susquehenna River zurück nach Baltimore.

Mann: Darf ich mich zu Ihnen setzen?

Poe: Gewiß!

Mann: Sie sollten verdammt noch mal eine Brücke bauen. Dann haben diese Unannehmlichkeiten endlich ein Ende. Die Fähre über den Susquehenna ist außer Betrieb wegen Sturm. Und jetzt fahren wir unverrichteter Dinge wieder zurück, weil es dort nicht mal ein Quartier gibt. Skandalös dieser Zustand, finden Sie nicht? Vom Geld mal ganz abgesehen.

Poe: Verzeihung, Sir. Ich war in Gedanken.

Mann: Aber was rege ich mich auf! So ist das nunmal Die Natur zeigt uns unsere Grenzen. Beruhigend nicht wahr? Zu wissen, daß der Mensch doch klein ist. Der Mensch ist klein.

Poe: Nach außen.

Mann: Wie soll ich das verstehen, Sir?

Poe: Nach außen, Sir, mag der Mensch klein sein, und die Natur mag ihm seine Grenzen zeigen, doch nach innen gewandt ist der Mensch eine grenzenlose Unendlichkeit.

Mann: Erstaunlich, ganz erstaunlich! Sir? Ein Drink?

Poe: Nein danke, Sir!

Mann: Oh, Sie sind Quäker, Amish, sonstwas?

Poe: Keineswegs. Es handelt sich nur um eine vorübergehende Abstinenz!

Mann: Die Lust am Verzicht sozusagen!

Poe: Sozusagen.

Mann: Gestatten Smith!

Poe: Erstaunlich!

Mann: Was?

Poe: Ein Bekannter von mir hört auch auf diesen Namen.

Mann: Was Sie nicht sagen?

Poe: Haben Sie einen Bruder in Baltimore?

Mann: Nein, eine Schwester in Boston: Eleonore!


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SPQR/reloaded – Die TheaterSoap nach Shakespeares Titus Andronicus


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Regie am 16.Februar 2009

SPQR/reloaded – Die TheaterSoap nach Shakespeares Titus Andronicus

„Wer zum Schwert greift wird durch das Schwert fallen, Wer den Wind sät, erntet den Sturmwind, Auge um Auge Zahn um Zahn”
Was hier so erfrischend biblisch angetrailert wird, findet in Shakespeares früher Rachetragödie Titus Andronicus schaurige Vollendung. Mit vierzehn Morden auf offener Szene, inklusive Vergewaltigung, Verstümmelung, Menschenopfer und Kannibalismus erfüllt das Drama den gesamten Katalog menschlicher Grausamkeiten und ist damit vermutlich das blutigste Stück der Dramengeschichte.
In der Rezeption des Stückes finden sich markige Sprüche wie: „Hätte Titus Andronicus einen sechsten Akt hätte sich Shakespeare an den Zuschauern der ersten Reihe vergriffen. Ernster äußert sich beispielsweise der Lietraturwissenschaftler Harold Bloom, der den Andronicus für eine Parodie auf das Werk von Christopher Marlowe hält. Gleichviel, der Andronicus bildet eine Welt in der das Auge um Auge, Zahn um Zahn gleich dutzendweise abgefeiert wird.
Worum es geht? Nun, der Feldherr Titus kehrt nach einem jahrelangen Feldzug gegen die feindlichen Goten zurück nach Rom, in Schlepptau die Gotenkönigin, ihre Söhne und den intriganten Mohren Aaron. Was er nicht weiß, der alte Kaiser hat sein Leben ausgehaucht und nun liegen seine Söhne im Streit um die Erbfolge. Da kommt der alte Titus genau recht, um die Streithähne zu beruhigen. Der jüngere, Bassisianus, hätte gerne, daß Titus Kaiser wird aber der winkt ab, weil er sich jetzt doch lieber irgendwo (vielleicht in der Toscana) auf sein Altenteil zurückziehen möchte. Also soll er jetzt entscheiden wer Kaiser wird. Titus entscheidet sich für Saturninus, den man bereits von Anfang an im Verdacht hat, daß der seinen Job sicher eher eigennützig versehen würde. Vorher allerdings läßt er den ältesten Sohn der Tamora (was die Gotenkönigin ist) zerhacken und den Götter opfern (er spielt also nicht lange mit). Grund genug also für die Königin auf Rache zu Sinnen. Da kommt ihr der Saturninus grade recht. Der nämlich will sich bei Titus für die Wahl bedanken, indem er dessen Tochter zur Kaiserin macht. Da diese (Lavinia ist ihr Name) das aber gar nicht will, weil sie den Bassianus liebt, fliehen diese Beiden unter den Augen des Vaters, der in Wut über die Entscheidung der Tochter den jüngsten seiner Söhne eigenhändig tötet (echt wahr, das passiert alles im ersten Akt). Damit nicht genug, er verstößt seinen ältesten Sohn, der die Tat des Vaters nicht billigt. Saturninus, der natürlich ausgesprochen sauer über die Demütung durch Lavinia ist nimmt sich stattdessen die Gotenkönigin zur Frau (liegt ja nah), die wiederum darin eine Chance für Rache im Namen des ermordeten Ältesten sieht. Was man zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Sie hat ein Verhältnis mit dem Mohren Aaron, von dem man ahnt, das er mit Sicherheit der cleverste von dem ganzen Haufen ist, er sagt nämlich nichts im ersten Akt. Dafür handelt er sehr stringend und schickt immer andere vor (außer bei der Königin, das erledigt er selbst). Nun, um es kurz zu machen. Es wird eine Intrige gesponnen, der nacheinander die Androniker zum Opfer fallen. Also: Bassianus wird von Chiron und Demetrius ermordet (achso, das sind die noch lebenden Söhne der Tamora), Lavinia wird vergewaltigt und verstümmelt, sodaß sie die Namen der Peiniger nicht verraten kann. Den Mord an Bassianus schieben sie den Söhnen des Andronicus in die Schuhe, die dafür enthauptet werden. Vorher allerdings, fordert noch Aaron im Namen von Saturninus die rechte Hand von Titus, für das Leben der bereits hingerichteten Söhne (er hat also gelogen). Damit sind wir am ende des dritten Aktes angekommen. Die nachfolgenden Akte bringen Tod und  Zerstörung (wer hätte das gedacht!) Natürlich fliegt die Intrige von Aaron und Tamora auf und die Androniker sinnen auf Rache. Um es kurz zu machen: Tamora und Aaron haben ein Kind zusammen. Um das zu vertuschen, muß die Amme aus dem Weg geräumt werden. Die Androniker ihrerseits haben einen ausgefeilten Plan durch den sie es bewerkstelligen, die Söhne der Tamora in eine Falle zu locken, um (wer hätte das gedacht) sie zu töten und zu Pasteten zu verarbeiten und sie der Mutter zum Essen anzubieten. Da sie zu einem Versöhnungsbankett eingeladen wurden, nehmen Saturninus und Tamora die Einladung gerne an. Das Essen bleibt ihnen im Hals stecken. Titus tötet Tamora, Saturninus Titus (oh, das ist vergessen worden: vor den Augen von des Kaiserpaares tötet Titus seine Tochter Lavinia, da sie seiner Ansicht tot besser dran ist als lebendig [Lavinia teilt diese Meinung nicht]). Nun, um den Bottich voll zu machen: Lucius (für alle, die es vergessen haben – der verbannte älteste Sohn von Titus) kehrt pünktlich zum Showdown zurück nach Rom, um endlich Frieden zu stiften. Er führt ein Heer an, in dem Goten Seite an Seite mit Römern kämpfen gegen das Heer von Saturninus, bei dem ebenfalls Goten wie Römer Seite an Seite kämpfen. Zum Schluß also versteht keiner mehr, warum man eigentlich noch kämpft und gegen wen…ach Aaron wird aufgehängt und das Kind wird an Waldbewohner abgegeben.
Das ganze klingt etwas nach einer Mixtur aus „Dallas”, „Denver Clan”, „Nackt unter Kannibalen” und „Ein Zombie hing am Glockenseil” und irgendwie geht es auch in diese Richtung. Infolgedessen schien es der richtige Stoff um eine fünfteilige Soap daraus zu machen.

SPQR-reloaded – Die TheaterSoap

SPQR/reloaded war die erste Eigenproduktion des integrativen Theaterfestivals Grenzenlos Kultur vol. 6 das alljährlich im September im Mainzer KUZ außergewöhnliches Theater aus ganz Europa zeigt.

Rom, Ort der Handlung, ist Sinnbild einer Welt, die sich am Banalen ebenso ergötzt wie am Brutalen. Mord, Totschlag, Schändung und Verstümmelung sind hier die Mittel zur Befriedigung dunkler Triebe.
Der Mensch ist nicht nur als Theaterzuschauer Voyeur von Gewalt und Diskriminierung. Als Fernsehzuschauer steht ihm neben Gewalt jeder Couleur auch Herzschmerz im großen Soap-Angbot sowie die häufig unfreiwillige Tragikomik der Reality-Shows zur Verfügung. Mit SPQR-reloaded wird Titus Andronicus in mehrfacher Hinsicht in die medial konnotierte Welt des 21. Jahrhunderts übertragen, der Stoff in diesem neuen Kontext aktualisiert, auf seine dramatische Tragkraft und auf die Unausweichlichkeit der Gewaltspirale fokussiert.

Die Soap als beliebtes serielles Fernsehformat steht Pate für dieses Inszenierungskonzept. Eng dem Shakespeare-Text folgend, werden Intrigen gesponnen und Freunde verraten, wird die große Liebe beschworen und wieder vergessen, werden Zweckbündnisse geschlossen und zerstört, all das im Halbstundentakt.

Die Idee von SPQR ist, Shakespeares Titus Andronicus als Daily Soap in fünf Teilen zu erzählen. Die Gewalt, die sich hier als archaisches Rachebachanal manifestiert, trifft die Zuschauer von SPQR-reloaded unmittelbar, konfrontiert sie mit ihrer Schaulust und entfaltet sich aus ihrer Mitte heraus. Nicht zuletzt wird die Inszenierung damit einem oft zitierten Slogan des Fernsehens gerecht: „Mittendrin, statt nur dabei.” SPQR-reloaded spielt im Stammhaus der italienischen Edelrestaurantkette SPQR. Die Zuschauer sitzen an Tischen im Zuschauerraum und werden mit Rotwein verköstigt, der ganze Raum wird bespielt. Um die atmosphärische Dichte und die Nähe zum Geschehen zu bewahren, sollte die Zuschauerzahl auf 80-100 Personen begrenzt sein.

Die Sprache Shakespeares und seine Dramaturgie werden beibehalten. Das Stück wird nahezu ungestrichen, mit leichten Eingriffen, in der klassischen Übersetzung von August Wilhelm Schlegel und Ludwig Tieck gespielt.

Dass der Schauplatz in ein Restaurant verlegt wird, ist neben der Unmittelbatkeit der Spielsituation auch Symbol der fortwährenden „Einverleibungen” bis hin zum finalen Mahl der Gotenkönigin. In SPQR konkurrieren zwei gastronomische Familienbetriebe darum, einander zu schlucken. So ist der Konflikt die Konfrontation zweier Restaurantketten, der Versuch des Restaurants SPQR und der gotischen Imbißkette Gotenkrone einander in feindlicher Übernahme zu besiegen, den Unterlegenen im eigenen Familienbetrieb aufgehen zu lassen.

Gespielt wird die TheaterSoap an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Jede Folge ist zwischen 35 und 45 Minuten lang.

Folge 1 Gute Römer – Schlechte Römer
Folge 2 Verbotene Triebe
Folge 3 Nachschlag
Folge 4 Wo Leben nur noch Atem holen ist
Folge 5 Was auf den Tisch kommt, wird gegessen

„Was bisher geschah” und „Cliffhanger” zu Anfang und Ende jeder Folge betonen den seriellen Charakter. Jede Folge wird durch eine Puppenspielerin eingeleitet. Vor der ersten Folge macht sie die Zuschauer mit dem Kosmos von SPQR vertraut, vor den anderen vier Folgen gibt sie jeweils eine kurze Zusammenfassung der vorangegangenen Folge. Ein dramatischer „Freeze” der Handlung oder ein sich neu andeutender Konflikt bilden den jeweiligen Schluß einer Episode.
Aufgrund der ironisch überspitzten Darstellung der Gewalt des Stücks, sollte die Veranstaltung nur für Zuschauer ab sechzehn Jahren freigegeben werden.

Comics, Songs und Speisekarten

Um den Soap-Charakter von SPQR-reloaded zu betonen, haben wir ein System entworfen, wie es ähnlich auch hinter einer Fernsehsoap steht, dies sind hier Fotografien der Darsteller, Gewinnspiele, Speisekarten, eine eingängige Titelmelodie und Comics rund um die Handlungsstränge der einzelnen Folgen. Insbesondere die Comics öffnen den Blick auf die Welt hinter dem Geschehen auf der Bühne. In den Comics werden Handlungen erzählt, die auf der Bühne nicht dargestellt werden, etwa die mißglückte Befreiung der verurteilten Söhne des Titus Andronicus durch Lucius, oder es werden Fragestellungen beantwortet, mit denen man dem Text begegnen kann, zum Beispiel die Frage, was eigentlich mit den Frauen von Titus und Marcus passiert ist. Die Comics und Speisekarten (diese geben Aufschluß über Besetzung und „Schwund” des Darstellungspersonals von Folge zu Folge) liegen auf den Zuschauertischen aus und sind Details, die dem Zuschauer Orientierung im TheaterSoap-System geben. Liest der Zuschauer sie nicht, so kann er der Handlung aber dennoch folgen. Natürlich sind die Comics zudem ein Verweis auf die Populär-Kultur unserer Zeit, ebenso die zur Dekoration gehörigen täglich wechselnden Kinoplakate in einem großen Goldrahmen oder die Auswahl der Puppen, Figuren aus Disney-Filmen, die fast ausnahmslos den Juniortüten von McDonalds entstammen.

SPQR/reloaded – Die TheaterSoap nach Shakespeares Titus Andronicus

„Wer zum Schwert greift wird durch das Schwert fallen, Wer den Wind sät, erntet den Sturmwind, Auge um Auge Zahn um Zahn”
Was hier so erfrischend biblisch angetrailert wird, findet in Shakespeares früher Rachetragödie Titus Andronicus schaurige Vollendung. Mit vierzehn Morden auf offener Szene, inklusive Vergewaltigung, Verstümmelung, Menschenopfer und Kannibalismus erfüllt das Drama den gesamten Katalog menschlicher Grausamkeiten und ist damit vermutlich das blutigste Stück der Dramengeschichte.
In der Rezeption des Stückes finden sich markige Sprüche wie: „Hätte Titus Andronicus einen sechsten Akt hätte sich Shakespeare an den Zuschauern der ersten Reihe vergriffen. Ernster äußert sich beispielsweise der Lietraturwissenschaftler Harold Bloom, der den Andronicus für eine Parodie auf das Werk von Christopher Marlowe hält. Gleichviel, der Andronicus bildet eine Welt in der das Auge um Auge, Zahn um Zahn gleich dutzendweise abgefeiert wird.
Worum es geht? Nun, der Feldherr Titus kehrt nach einem jahrelangen Feldzug gegen die feindlichen Goten zurück nach Rom, in Schlepptau die Gotenkönigin, ihre Söhne und den intriganten Mohren Aaron. Was er nicht weiß, der alte Kaiser hat sein Leben ausgehaucht und nun liegen seine Söhne im Streit um die Erbfolge. Da kommt der alte Titus genau recht, um die Streithähne zu beruhigen. Der jüngere, Bassisianus, hätte gerne, daß Titus Kaiser wird aber der winkt ab, weil er sich jetzt doch lieber irgendwo (vielleicht in der Toscana) auf sein Altenteil zurückziehen möchte. Also soll er jetzt entscheiden wer Kaiser wird. Titus entscheidet sich für Saturninus, den man bereits von Anfang an im Verdacht hat, daß der seinen Job sicher eher eigennützig versehen würde. Vorher allerdings läßt er den ältesten Sohn der Tamora (was die Gotenkönigin ist) zerhacken und den Götter opfern (er spielt also nicht lange mit). Grund genug also für die Königin auf Rache zu Sinnen. Da kommt ihr der Saturninus grade recht. Der nämlich will sich bei Titus für die Wahl bedanken, indem er dessen Tochter zur Kaiserin macht. Da diese (Lavinia ist ihr Name) das aber gar nicht will, weil sie den Bassianus liebt, fliehen diese Beiden unter den Augen des Vaters, der in Wut über die Entscheidung der Tochter den jüngsten seiner Söhne eigenhändig tötet (echt wahr, das passiert alles im ersten Akt). Damit nicht genug, er verstößt seinen ältesten Sohn, der die Tat des Vaters nicht billigt. Saturninus, der natürlich ausgesprochen sauer über die Demütung durch Lavinia ist nimmt sich stattdessen die Gotenkönigin zur Frau (liegt ja nah), die wiederum darin eine Chance für Rache im Namen des ermordeten Ältesten sieht. Was man zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Sie hat ein Verhältnis mit dem Mohren Aaron, von dem man ahnt, das er mit Sicherheit der cleverste von dem ganzen Haufen ist, er sagt nämlich nichts im ersten Akt. Dafür handelt er sehr stringend und schickt immer andere vor (außer bei der Königin, das erledigt er selbst). Nun, um es kurz zu machen. Es wird eine Intrige gesponnen, der nacheinander die Androniker zum Opfer fallen. Also: Bassianus wird von Chiron und Demetrius ermordet (achso, das sind die noch lebenden Söhne der Tamora), Lavinia wird vergewaltigt und verstümmelt, sodaß sie die Namen der Peiniger nicht verraten kann. Den Mord an Bassianus schieben sie den Söhnen des Andronicus in die Schuhe, die dafür enthauptet werden. Vorher allerdings, fordert noch Aaron im Namen von Saturninus die rechte Hand von Titus, für das Leben der bereits hingerichteten Söhne (er hat also gelogen). Damit sind wir am ende des dritten Aktes angekommen. Die nachfolgenden Akte bringen Tod und  Zerstörung (wer hätte das gedacht!) Natürlich fliegt die Intrige von Aaron und Tamora auf und die Androniker sinnen auf Rache. Um es kurz zu machen: Tamora und Aaron haben ein Kind zusammen. Um das zu vertuschen, muß die Amme aus dem Weg geräumt werden. Die Androniker ihrerseits haben einen ausgefeilten Plan durch den sie es bewerkstelligen, die Söhne der Tamora in eine Falle zu locken, um (wer hätte das gedacht) sie zu töten und zu Pasteten zu verarbeiten und sie der Mutter zum Essen anzubieten. Da sie zu einem Versöhnungsbankett eingeladen wurden, nehmen Saturninus und Tamora die Einladung gerne an. Das Essen bleibt ihnen im Hals stecken. Titus tötet Tamora, Saturninus Titus (oh, das ist vergessen worden: vor den Augen von des Kaiserpaares tötet Titus seine Tochter Lavinia, da sie seiner Ansicht tot besser dran ist als lebendig [Lavinia teilt diese Meinung nicht]). Nun, um den Bottich voll zu machen: Lucius (für alle, die es vergessen haben – der verbannte älteste Sohn von Titus) kehrt pünktlich zum Showdown zurück nach Rom, um endlich Frieden zu stiften. Er führt ein Heer an, in dem Goten Seite an Seite mit Römern kämpfen gegen das Heer von Saturninus, bei dem ebenfalls Goten wie Römer Seite an Seite kämpfen. Zum Schluß also versteht keiner mehr, warum man eigentlich noch kämpft und gegen wen…ach Aaron wird aufgehängt und das Kind wird an Waldbewohner abgegeben.
Das ganze klingt etwas nach einer Mixtur aus „Dallas”, „Denver Clan”, „Nackt unter Kannibalen” und „Ein Zombie hing am Glockenseil” und irgendwie geht es auch in diese Richtung. Infolgedessen schien es der richtige Stoff um eine fünfteilige Soap daraus zu machen.

SPQR-reloaded – Die TheaterSoap

SPQR/reloaded war die erste Eigenproduktion des integrativen Theaterfestivals Grenzenlos Kultur vol. 6 das alljährlich im September im Mainzer KUZ außergewöhnliches Theater aus ganz Europa zeigt.

Rom, Ort der Handlung, ist Sinnbild einer Welt, die sich am Banalen ebenso ergötzt wie am Brutalen. Mord, Totschlag, Schändung und Verstümmelung sind hier die Mittel zur Befriedigung dunkler Triebe.
Der Mensch ist nicht nur als Theaterzuschauer Voyeur von Gewalt und Diskriminierung. Als Fernsehzuschauer steht ihm neben Gewalt jeder Couleur auch Herzschmerz im großen Soap-Angbot sowie die häufig unfreiwillige Tragikomik der Reality-Shows zur Verfügung. Mit SPQR-reloaded wird Titus Andronicus in mehrfacher Hinsicht in die medial konnotierte Welt des 21. Jahrhunderts übertragen, der Stoff in diesem neuen Kontext aktualisiert, auf seine dramatische Tragkraft und auf die Unausweichlichkeit der Gewaltspirale fokussiert.

Die Soap als beliebtes serielles Fernsehformat steht Pate für dieses Inszenierungskonzept. Eng dem Shakespeare-Text folgend, werden Intrigen gesponnen und Freunde verraten, wird die große Liebe beschworen und wieder vergessen, werden Zweckbündnisse geschlossen und zerstört, all das im Halbstundentakt.

Die Idee von SPQR ist, Shakespeares Titus Andronicus als Daily Soap in fünf Teilen zu erzählen. Die Gewalt, die sich hier als archaisches Rachebachanal manifestiert, trifft die Zuschauer von SPQR-reloaded unmittelbar, konfrontiert sie mit ihrer Schaulust und entfaltet sich aus ihrer Mitte heraus. Nicht zuletzt wird die Inszenierung damit einem oft zitierten Slogan des Fernsehens gerecht: „Mittendrin, statt nur dabei.” SPQR-reloaded spielt im Stammhaus der italienischen Edelrestaurantkette SPQR. Die Zuschauer sitzen an Tischen im Zuschauerraum und werden mit Rotwein verköstigt, der ganze Raum wird bespielt. Um die atmosphärische Dichte und die Nähe zum Geschehen zu bewahren, sollte die Zuschauerzahl auf 80-100 Personen begrenzt sein.

Die Sprache Shakespeares und seine Dramaturgie werden beibehalten. Das Stück wird nahezu ungestrichen, mit leichten Eingriffen, in der klassischen Übersetzung von August Wilhelm Schlegel und Ludwig Tieck gespielt.

Dass der Schauplatz in ein Restaurant verlegt wird, ist neben der Unmittelbatkeit der Spielsituation auch Symbol der fortwährenden „Einverleibungen” bis hin zum finalen Mahl der Gotenkönigin. In SPQR konkurrieren zwei gastronomische Familienbetriebe darum, einander zu schlucken. So ist der Konflikt die Konfrontation zweier Restaurantketten, der Versuch des Restaurants SPQR und der gotischen Imbißkette Gotenkrone einander in feindlicher Übernahme zu besiegen, den Unterlegenen im eigenen Familienbetrieb aufgehen zu lassen.

Gespielt wird die TheaterSoap an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Jede Folge ist zwischen 35 und 45 Minuten lang.

Folge 1 Gute Römer – Schlechte Römer
Folge 2 Verbotene Triebe
Folge 3 Nachschlag
Folge 4 Wo Leben nur noch Atem holen ist
Folge 5 Was auf den Tisch kommt, wird gegessen

„Was bisher geschah” und „Cliffhanger” zu Anfang und Ende jeder Folge betonen den seriellen Charakter. Jede Folge wird durch eine Puppenspielerin eingeleitet. Vor der ersten Folge macht sie die Zuschauer mit dem Kosmos von SPQR vertraut, vor den anderen vier Folgen gibt sie jeweils eine kurze Zusammenfassung der vorangegangenen Folge. Ein dramatischer „Freeze” der Handlung oder ein sich neu andeutender Konflikt bilden den jeweiligen Schluß einer Episode.
Aufgrund der ironisch überspitzten Darstellung der Gewalt des Stücks, sollte die Veranstaltung nur für Zuschauer ab sechzehn Jahren freigegeben werden.

Comics, Songs und Speisekarten

Um den Soap-Charakter von SPQR-reloaded zu betonen, haben wir ein System entworfen, wie es ähnlich auch hinter einer Fernsehsoap steht, dies sind hier Fotografien der Darsteller, Gewinnspiele, Speisekarten, eine eingängige Titelmelodie und Comics rund um die Handlungsstränge der einzelnen Folgen. Insbesondere die Comics öffnen den Blick auf die Welt hinter dem Geschehen auf der Bühne. In den Comics werden Handlungen erzählt, die auf der Bühne nicht dargestellt werden, etwa die mißglückte Befreiung der verurteilten Söhne des Titus Andronicus durch Lucius, oder es werden Fragestellungen beantwortet, mit denen man dem Text begegnen kann, zum Beispiel die Frage, was eigentlich mit den Frauen von Titus und Marcus passiert ist. Die Comics und Speisekarten (diese geben Aufschluß über Besetzung und „Schwund” des Darstellungspersonals von Folge zu Folge) liegen auf den Zuschauertischen aus und sind Details, die dem Zuschauer Orientierung im TheaterSoap-System geben. Liest der Zuschauer sie nicht, so kann er der Handlung aber dennoch folgen. Natürlich sind die Comics zudem ein Verweis auf die Populär-Kultur unserer Zeit, ebenso die zur Dekoration gehörigen täglich wechselnden Kinoplakate in einem großen Goldrahmen oder die Auswahl der Puppen, Figuren aus Disney-Filmen, die fast ausnahmslos den Juniortüten von McDonalds entstammen.


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Termine Mai 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 20.Januar 2009

Stalburg Theater Frankfurt

Fräulein Müller bitte zum Matriarchat
von Katja Lehmann
mit Léa Zehaf und Christoph Maasch
Regie: Katja Lehmann

Mittwoch, 14.05.2025

Keiner hat gesagt, dass Du ausziehen sollst
von Nick Hornby
mit Alice von Lindenau und Christoph Maasch
Regie: Rainer Ewerien

Sonntag, 25.05.2025
Mittwoch, 28.05.2025

Beginn jeweils 20:00 Uhr

Infos und Karten: https://stalburg.de

________________________________________________________________________________

Hoppes Hoftheater Dresden

Glatteis, oder: Wo die Liebe hinfällt! Komödie von Christoph Maasch

mit Ellen Schaller und Dirk Neumann

Regie: Mathias Nagatis

Freitag, 23.05.2025

Beginn 20:00 Uhr

Infos und Karten unter: https://hoftheater-dresden.de


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Termine Juni 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 20.Januar 2009

Stalburg Theater Frankfurt

Keiner hat gesagt, dass Du ausziehen sollst
von Nick Hornby
mit Alice von Lindenau und Christoph Maasch
Regie: Rainer Ewerien

Sonntag, 01.06.2025

Beginn jeweils 20:00 Uhr

Infos und Karten unter: Infos und Karten: https://stalburg.de

__________________________________________________________________________________

Hoppes Hoftheater Dresden

Glatteis, oder: Wo die Liebe hinfällt! Komödie von Christoph Maasch

mit Ellen Schaller und Dirk Neumann

Regie: Mathias Nagatis

Freitag, 14.06.2025

Beginn 20:00 Uhr

Infos und Karten unter: https://hoftheater-dresden.de

________________________________________________________________________________

Die Dramatische Bühne Frankfurt

Nosferatu

Freitag, 13.06.2025

Gastspiel Stadt Oppenheim Landskrone
Beginn 20:30

Infos und Karten unter: https://www.stadt-oppenheim.de/event/bunte-burg-kultur-in-der-landskron-theater-nosferatu-dramatische-buehne-ffm/


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Termine Juli 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 20.Januar 2009

Freilichfestival der Dramatischen Bühne im Frankfurter Grüneburg Park

Donnerstag, 03. – Juli Romeo und Julia
Freitag, 04. Juli – Romeo und Julia
Samstag, 05. Juli – Alice im Wunderland
Sonntag, 06. Juli – Alice im Wunderland
Montag, 28. Juli – Hänsel und Gretel Hexenjäger
Dienstag, 29. Juli – Hänsel und Gretel Hexenjäger

Info und Karten: www.diedramatischebuehne.de


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Termine August 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 20.Januar 2009

Freilichfestival der Dramatischen Bühne im Frankfurter Grüneburg Park

Montag, 11. August – Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
Dienstag, 12. August – Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
Mittwoch, 13. August – Was ihr wollt
Donnerstag, 14. August – Don Juan
Freitag, 15. August – Don Juan
Samstag, 16. August – Nosferatu
Sonntag, 17. August – Nosferatu

Montag, 18. August – Was ihr wollt
Dienstag, 19. August – Hamlet
Mittwoch, 20. August – Hamlet
Donnerstag, 14. August – Name der Rose

Info und Karten: www.diedramatischebuehne.de

____________________________________________________________________________________

Hoppes Hoftheater Dresden

Glatteis, oder: Wo die Liebe hinfällt! Komödie von Christoph Maasch

mit Ellen Schaller und Dirk Neumann

Regie: Mathias Nagatis

Freitag, 22.08.2025

Beginn 19:30 Uhr

Infos und Karten unter: https://hoftheater-dresden.de


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Termine September 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 9.Januar 2009

Stalburg Theater Frankfurt

Die Tage, die ich mit Gott verbrachte
von Axel Hacke
mit Christoph Maasch und Hans Richter
Regie: Rainer Ewerien

Donnerstag, 11.09.2025 PREMIERE
Freitag, 12.09.2025
Mittwoch, 17.09.2025
Freitag, 27.09.2025
Samstag, 28.09.2025

Beginn jeweils 20:00 Uhr

Infos und Karten: https://stalburg.de

Tür auf, Tür zu
von Ingrid Lausund
mit Birte Sieling, Sebastian Huther und Christoph Maasch
Regie: Hannah Schassner

Dienstag, 23.09.2025

Beginn jeweils 20:00 Uhr

Infos und Karten: https://stalburg.de


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Termine Oktober 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 9.Januar 2009


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Termine November 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 9.Januar 2009


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Termine Dezember 2025


Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Termine am 9.Januar 2009


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