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Presse – Lesung “Dorscht” (Produktion theater am werk, Koblenz) – aus BLICK aktuell, Koblenz
Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Allgemeines, Presse am 10.November 2014
Auf besondere Weise in die Welt des Weins entführt
Koblenz-Ehrenbreitstein. Welche Kraft die menschliche Stimme und die Sprache haben können, das stellte Schauspieler Christoph Maasch bei einer von Waltraud Heldermann, der „theater am werk“-Leiterin, inszenierten Benefiz-Veranstaltung in der ehemaligen Pallottiner-Kapelle sehr überzeugend unter Beweis. Die von Musik begleitete Lesung von Poetischem, Wissenswertem, Heiterem und Nachdenklichem rund um das Thema Wein präsentierte der Förderverein zum Erhalt der Kapelle (fepke), um mit Kulturgenuss, in diesem Fall einem berauschenden Abend, finanzielle Mittel einzuspielen für das städtische Baudenkmal. In wie vielen Facetten das Thema Wein von unzähligen Dichtern und Denkern beleuchtet wurde, brachte Maasch wohltönend zu Gehör. Der 1967 in Köln geborene Schauspieler studierte von 1990 bis 2002 Theaterwissenschaft, Germanistik und Komparatistik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. In der schönen neu-gotischen ehemaligen Kapelle in Ehrenbreitstein überzeugte er jetzt mit der Darbietung der „weinhaltigen“ Texte von Matthias Claudius, Novalis, Baudelaire und anderen, auch wenn er, oder gerade, weil er sie ausschließlich vom Lesepult aus auf das Publikum einwirken ließ.
Wenn Maasch rezitiert, tritt er mit jedem Einzelnen im Raum in Dialog, so intensiv wirkt seine Schauspielkraft, die der ständig zeigende Finger noch betont. Hier und da gönnt sich Maasch selbst die Freude, Texte auch einmal in rheinhessischem Dialekt vorzutragen, da müssen die Dialekt ungeübten Zuhörer dann einfach mal durch. Maasch gibt einen „echten Trinkersmann“, der sich den ganzen Tag berauscht, der trinkt, bis er nicht mehr kann. Und obwohl nur ein Glas Wasser neben dem Lesepult auf dem Boden steht, schwankt sogar das Pult, auf das er sich stützt, wenn er im gespielten Rausche lacht – und man glaubt ihm aufs Wort, dass er den Becher bis zum Grund geleert hat. Einige Texte singt der Schauspieler, er singt sie mit der vollen Kraft eines Durstigen. Natürlich trägt Maasch auch Matthias Claudius‘ Rheinwein-Lied vor, ein zum Ende des 18. Jahrhunderts beliebtes Trink und Vaterlandslied, das der Veranstaltung „Bekränzt mit Laub den lieben vollen Becher“ als Namenspate diente. Und wenn Maasch die aus dem Rheinhessen-Lexikon entnommene Definition von „Dorscht“ als „der sehnliche Wunsch nach einem stärkenden oder genießerisch zu verkostenden Glas Rheinhessenwein“ vorliest oder sein Publikum gar mit sämtlichen dort erfassten Begriffen rund um den Wein überflutet, wird klar, dass selbst das Vorlesen eines Telefonbuchs die Faszination seines Vortrags kaum schmälern könnte. Auch Texte, die schon einen nüchternen wegen der Ansammlung vieler komplizierter Worte zum Verzweifeln brächten, stellen für den in gespielter Weinseligkeit philosophierenden Maasch kein Hindernis dar.
Doch was wäre die Darbietung des Schauspielers ohne die phantastische musikalische Begleitung der Gitarristin Katrin Zurborg? Mit eigenen Improvisationen auf der E-Gitarre bringt sie die Worte des Kollegen zum Klingen. Kunstvoll lässt sie die Töne feingliedrig einfließen, bringt sie in perfekte Harmonie zum Vortrag. Ein-, zweimal, wenn der Kollege sich vom literarischen Weingenuss erholt, spielt sie als Intermezzo ein klassisches Stück. Die Melodie beschwört das Bild eines schönen Sommerabends herauf, an dem man sich mit einem Glas Wein in der Hand entspannen möchte. Da passt es, dass der letzte Reim „An die Musik“ gerichtet ist, die vielleicht sogar Hans Immerdurstig und Peter Nimmernüchtern „in eine bessre Welt entrückt“. –BSB-
aus Blick aktuell, Koblenz, Samstag, 01.November 2014
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