<< Rezension der Lesung “Tom Sawyer” – Wiesbadener Kurier / Dr. Viola Bolduan   Rezension Spaßgewalt 2 – Vielleicht sind wir einfach so!? – FAZ – 16.03.2012 von Eva Maria Magel >>
Rezension SPQR/reloaded – Festival Grenzenlos Kultur 2004 – Mainzer Rhein Zeitung, 13.09.2004 – von Sabine Sörgel
Ein Beitrag von Christoph Maasch, abgelegt unter Presse am 14.August 2012
Die Fortsetzung folgt heute Abend
Der Stoff, aus dem Seifenopern sind: Das Festival “Grenzenlos Kultur” zeigt im KUZ Shakespeares “Titus” als tägliche Soap
Es geht um Liebe, Hass und Eifersucht. Und, wie es sich für eine Seifenoper gehört, um lebensbedrohliche Machtspielchen. Im KUZ wird zur Zeit erstmals eine Theater-Soap gespielt.
MAINZ. Schauertragödie meets Soap – mit der ersten Eigenproduktion des Mainzer Theaterfestivals “Grenzenlos Kultur vol. 6″ gelang “SPQR reloaded” mit ihrer Daily- Theater-Soap frei nach Shakespeares “Titus Andronicus” eine fulminante Eröffnung.
Recht reißerisch startete Folge 1 unter dem Titel “Gute Römer, schlechte Römer” mit heiter stimmendem Gummipüppchengemetzel auf dem Tresen der Eingangshalle im KUZ. Als gekonnten Verschnitt auf bekannte Comic- Ästhetik verlegt die junge Truppe ihre Szene vom römischen Kapitol in den zum stilvollen Restaurant umfunktionierten kleinen Saal, wo sich das überraschte Publikum bei Rotwein an gedeckten Tischen wiederfand.
Christoph Maaschs frech- fröhliche Inszenierung des bluttriefenden Shakespeare Stoffs entfernt sich dabei gar nicht mal so weit von ihrem Original, wenn sie die Heimkehr des gefeierten Kriegers Titus Andronicus (Dietmar Bertram) in Manier zeitgenössischer Popstar-Ikonen zelebriert. Als aalglatter Marketingchef steht Andronicus im Mittelpunkt der Clan-Intrigen und bösen Machenschaften zwischen zwei monopoleifernden Restaurantketten. Der hübsche und daher sympathietragende Bassianus (Torge Kübler) unterliegt im Erbstreit dem trotzigen Riesenbaby Saturninus (Paddy Twinem), die beide – darin politischen Wahlkämpfern durchaus gleich – eifrig um die Gunst des anwesenden Publikums buhlen.
Liebe, Hass und Leidenschaft dürfen da nicht fehlen. Sie sind die Zutaten der bezirzenden Tamora (Petra Steck), die als gerade erst machtpolitisch kaltgestellte Chefin des Gotenklan – sie trägt das Calvin-Klein-Kürzel als neckisches GK-Tatoo im Kreuz – schon wieder gierig nach dem nächsten Zepter schielt.
Anleihen an das beliebte Fernsehgenre finden sich viele: Von der gefühligen Pianomusik zum blutspritzenden Gemetzel hinter der Theke wird die Stimmung im Saal von den Spielern tüchtig eingeheizt. Es darf applaudiert und soll getrunken werden auf das neue Herrscherhaus, dessen müde Krieger sich hin und wieder selbst einen Schluck an der Bar genehmigen. Und kaum sind die ersten Opfer in den Salzstreuer-Urnen unter die Erde gebracht, bahnt sich bereits das nächste Scharmützel der messerstechenden Söhnchen an. Werden die Widersacher das Leben lassen oder nicht? Weiter geht’s heute Abend 21.30 Uhr im KUZ – wie’s sich für jede gute Soap gehört.
von
Sabine Sörgel
© Mainzer Rhein-Zeitung, 13.09.2004